Kolosseum Modell des Aufzugssystems

Wie das Kolosseum funktionierte · Archä­ologische Forschung

Heinz-Jürgen Beste ist wissen­schaftlicher Referent des Deutschen Archä­o­logischen Instituts in Rom. Er berichtet hier über die Geschichte des Kolosseums und über seine Forschung im Untergrund zur damaligen Bühnentechnik.

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Colosseum Heinz Jürgen Beste

Seine Forschung erfolgt in Kooperation mit Uni­versi­täten und der Soprinten­denza Archeo­logica di Roma.

Archäologischer Bericht zum Kolosseums

von Heinz-Jürgen Beste, Deutsche Archäologisches Institut Rom

Geschichte und Geschehen im Kolosseum

Das Flavische Amphitheater gehört zu den Höchstleistungen römischer Ingenieurbaukunst, wofür die gewaltigen Dimensionen, die kurze Bauzeit von weniger als zehn Jahren, das Fassungsvermögen von fünfzigtausend Zuschauern sowie die perfekte Organisation des Besucherstroms ein anschauliches Zeugnis ablegen. Der Bau prägte die Gestalt des römischen Amphitheaters nachhaltig, wie die großen Theater in Italien und in den Provinzen nach seinem Vorbild zeigen.

Kolosseum Darstellung von Spielen

Nach dem Stadtbrand des Jahres 64 n. Ch. hatte Kaiser Nero das Gebiet zwischen Esquilin, Caelius und Palatin in seine private Parkanlage umgewandelt, die Domus Aurea. Während der Herrschaft von Kaiser Vespasian wurde dieses der Allgemeinheit zurückgegeben und mit öffentlichen Gebäuden bebaut, in deren Mittelpunkt das Kolosseum stand. Die Arbeiten begannen wohl in den Jahren 70 bis 72 n. Ch. Gladiatorenschulen, Depots für Waffen und Bühnendekoration und weitere Infrastruktur gehörten dazu. Eingeweiht wurde das Amphitheater im Jahr 80 n. Ch. von Kaiser Titus. Während der hunderttägigen Einweihungsfeier wurde neben Gladiatorenkämpfen und Tierhatzen auch eine Seeschlacht im Kolosseum veranstaltet. Fertig gestellt war die gesamte Anlage vermutlich in den neunziger Jahren des ersten nachchristlichen Jahrhunderts. Die letzte überlieferte Tierhatz fand 523 n. Ch. statt und fortan diente der Bau weitgehend als Steinbruch. Der heutige Name Kolosseum entstand erst im achten Jahrhundert.

Die erste systematische Ausgrabung unternahm 1806 bis 1814 der römische Archäologe Carlo Fea. Wegen des hohen Grundwasserspiegels musste die Grabung bald eingestellt und wieder zugeschüttet werden. Erst 1874 bis 1876 war es möglich, den östlichen Teil des Untergeschosses freizulegen. Der bis dahin verschüttete westliche Teil wurde zwischen 1934 und 1938 ausgegraben, leider ohne jede Dokumentation. Bei der umfassenden Restaurierung im Zuge dieser Arbeiten ging ein großer Teil der antiken Bausubstanz verloren.

Untergrundplan des Kolosseums

Bei meiner (DAI Rom) 1996 in Zusammenarbeit mit der Antikenverwaltung Rom begonnenen Untersuchung und Dokumentation des Podiums und des Untergeschosses konnten mehrere Bauphasen aus dem halben Jahrtausend der Nutzung unterschieden werden. Bisher lassen sich drei verschiedene Systeme lokalisieren, deren Installation zwischen dem Ende des 1. Jh. (81-96) und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. anzusetzen sind. Zwei der Aufzugsysteme, diejenigen in den Korridoren B, F und H, gehören aufgrund bautechnischer Details zur Errichtungsphase des Kolosseums und können somit in die flavische Zeit datiert werden.

Kolosseum Gewichte der Aufzugssysteme

Für den Korridor B konnte ein Aufzugsystem mit 28 Käfigen nachgewiesen werden, die dazu dienten, Tiere bis zur Größe einer Raubkatze oder eines Bären in die Arena zu transportieren. Die Korridoren F und H ergänzen das Aufzugsystem im Untergeschoß dahingehen, da dort ein System von 20 ca. 4 x 5 m großen beweglichen Plattformen installiert war, mit dessen Hilfe großformatige Dekorationen hochgezogen wurden, um bei einer Tierhatz (venationes) der nachgestellten Jagd den schaustellerischen Rahmen zu geben.

Aufgrund der durch einen Blitzschlag ausgelösten Brandkatastrophe im Kolosseum im Jahre 217 n. Chr., und die dadurch bedingten Wiederherstellungsarbeiten, die sich fast zwanzig Jahre hinzogen, war die Notwendigkeit gegeben, die Mauerzüge im Untergeschoß zu stabilisieren, wodurch die beiden bisherigen Aufzugsysteme unbrauchbar wurden. Insofern errichtete man in den Korridoren E und G ein neues Aufzugsystem mit dem gleich 60 Käfige bewegt werden konnten. Allerdings musste man wegen der räumlichen Enge in den Korridoren E und G das bisherige Aufzugsmodell – Winde, Aufzugskäfig, Winde, Aufzugskäfig etc. – aufgeben, und mehrere Käfige mit einer Winde hochziehen.

Kolosseum Untergeschoss Rekonstruktion Heinz-Jürgen Beste

Über die Fokussierung auf die Funktion des Untergeschosses hinaus, konnten auch Aussagen zum Ort und Ablauf der bei der Einweihung aufgeführten Seeschlacht (Naumachie) und zur Aufteilung der Sitzränge für die Senatoren gemacht werden.

Dem Wunsch der Antikenbehörde nach Wiederherstellung des Arenabodens konnte bis zum Jahr 2000 in Zusammenarbeit mit der Universität La Sapienza entsprochen werden. Aus didaktischen und denkmalpflegerischen Gründen wurde nur etwa ein Siebtel der Gesamtfläche im Osten der Arena abgedeckt. Dieser Teil war durch die Grabung und anschließende Restaurierung von 1875 so stark zerstört, dass hier problemlos das neue Stützensystem auf die antiken Fundamente gesetzt werden konnten. Die Auseinandersetzung mit diesem Vorhaben ergab, dass der Boden der Arena in der Antike mindestens zweimal komplett erneuert, sein Laufniveau angehoben und seine hölzerne Konstruktion tiefgreifend verändert wurde.

Geschichte und Geschehen im Kolosseum

von Heinz-Jürgen Beste, DAI Rom

Kolosseum Grundriss Heinz Jürgen Beste

Die Römer liebten ihre Spiele: Tausende strömten an den Spieltagen in die riesige Arena, um Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe zu verfolgen. Es war ein blutiges Vergnügen. Der Tod war allgegenwärtig, wenn auch nicht jeder Kampf letal endete. Schließlich kostete die Ausbildung der Gladiatoren Zeit und Geld, das gut investiert sein wollte. Der Aufwand, den die Kaiser als Spielgeber trieben, ist noch für heutige Verhältnisse immens: Für manche Feiern, die mehrere Tage dauern konnten, ließen sie hunderte wilder Tiere aus allen Gegenden des Reiches herantransportieren. Elenfanten und Bären, Rehe, Antilopen, Wildschweine und Wölfe …

Kolosseum Schnitt Heinz Juergen Beste

So brutal die Spiele waren, so wohldurchdacht war ihr Ablauf und so raffiniert die Infrastruktur, die die Umsetzung der Shows erst ermöglichte. Schätzungsweise bis zu 50.000 Menschen fanden auf den Rängen des flavischen Amphitheaters Platz. Ein ausgeklügeltes Wegesystem sorgte dafür, dass die Menschenmengen reibungslos auf die Ränge und nach Ende der Vorstellung ebenso zügig ins Freie gelangten.

Kolosseum Modell der Aufzugsanlagen

Das Vergnügen der einen war die Arbeit der anderen. Hunderte Sklaven und Arbeiter hatten im Hintergrund dafür zu sorgen, dass die Vorstellung reibungslos über die Bühne ging. Dabei half ein ausgeklügeltes Aufzugsystem.

Kolosseum Untergeschoss

In den letzten Jahren untersuchten Archäologen und Bauforscher des Archäologischen Denkmalamtes der Stadt Rom und des Deutschen Archäologischen Institutes eingehend das gesamte Untergeschoss. Dabei gelang es, einige Geheimnisse der Aufzüge ans Licht zu bringen.

Kolosseum Nachbau eines Aufzugs

Da es Dampf- und Elektroantrieb noch nicht gab, andererseits Muskelkraft preisgünstig zur Verfügung stand, wurden die Aufzüge über Seilwinden angetrieben. Damit die Aufzüge nicht den Blick auf die Arena verstellten, wurden die Aufzugkabinen nur bis unter den Arenenboden hochgezogen werden. Die letzten Meter legten die Tiere über Rampen zurück, die aus dem Arenaboden mittels Gegengewichten heruntergeklappt werden konnten.

Lange waren die Aufzugsanlagen aus der ersten Phase nicht in Betrieb. Einige Jahre nach Eröffnung musste an der Statik der die Arena tragenden Mauerzüge nachgebessert werden. Dabei wurden die Aufzüge in das Zentrum der Arena verlegt, wo sie weniger anfällig waren.

Videos zur Geschichte des Kolosseums

Die Studien von Heinz-Jürgen Beste zur Technik des Kolosseums finden weltweite Anerkennung. Sehen Sie, wie Seeschlachten im Kolosseum stattfinden konnten und wie die Aufzüge funktionierten.

Das Kolosseum auf ZDF info

Leider ist der Film schon etwas älter und etwas beschädigt. Das Thema Bühnentechnik wird ab Minute 12:36 erklärt.

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Das Kolosseum auf Nova PBS

Dieser Film des amerikanischen Netzwerks Nova PBS zeigt sehr ausführlich, wie die Aufzugstechnik erforscht worden ist. Sie können sehen, wie ein Modell im Kolosseum eingebaut wurde und wie es ausprobiert wurde.

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